Mit einer Produktvision zur erfolgreichen digitalen Plattform

Jutta WeberJanuar 2021

Betrachtung der neuen digitalen Lösung als komplexes Produkt

Den digitalen Anwendungen kommt eine enorm hohe Bedeutung zu: Sie inszenieren die Marke, präsentieren Produkte und Leistungen und bieten den digitalen Vertrieb auch als After-Sales-Service an. In dem Sinne greifen Begriffe wie «Website» oder «Internetauftritt» viel zu kurz. Es geht vielmehr darum, den verschiedenen Zielgruppen und den Nutzer:innen der neuen digitalen Lösung kontextabhängig die richtigen Inhalte und Services auszuspielen. Sie sollen eine bestmögliche Customer Experience beziehungsweise User Experience (kurz CX/UX) erleben.

Darum betrachten wir eine digitale Plattform als ein neues, komplexes Produkt. Dieses Produkt gestalten wir so aus, dass es den vielfältigen aktuellen sowie zukünftigen Anforderungen gerecht wird. Nur so nehmen die Nutzer:innen das digitale Produkt an. Und nur so leistet es einen Erfolgsbeitrag in den Marketing- und den Vertriebsaufgaben.

Die Produktvision als Leitstern für die digitale Lösung

Wir empfehlen, die neue Lösung in mehreren Schritten aufzubauen. So können Sie die Komplexität und die sich dynamisch verändernden marktseitigen Anforderungen bewältigen. Am besten starten Sie mit einer Basisversion – oder einem MVP (Minimum Viable Product). Danach können Sie das Produkt schrittweise ausbauen, um sich dem Zielzustand zu nähern. Hierzu müssen Sie agil unterwegs sein und neue Anforderungen oder veränderte Prioritäten jeweils berücksichtigen. Bei Unic arbeiten wir hier mit der Methodik des Human-Centered Design (HCD).

Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt, und dieser muss in die richtige Richtung gehen. Stecken Sie sich darum ein Fernziel. An diesem «Leitstern» können Sie sich in allen Projektphasen orientieren. Sie legen damit die Grundlage für das Konzept und für die technischen Grundsatzentscheidungen.

Das Konzept der Produktvision von Roman Pichler

Für die Skizzierung eines solchen Leitsterns arbeiten wir gerne mit dem Instrument einer Produktvision. Roman Pichler hat dieses Konzept des agilen Produktmanagements entwickelt. Es hat zum Ziel, die Essenz des zukünftigen Produkts in einer kurzen, konzisen Form aufzuzeigen.

Ein gemeinsames Ziel

Wir erachten die Ausarbeitung einer solchen Produktvision zum Projektstart als wertvoll. Wir formulieren ein gemeinsames Ziel, das eine Balance zwischen der vorgegebenen Richtung und dem notwendigen Spielraum für Kreativität bietet. Die Produktvision bietet einerseits Orientierung zum funktionalen Umfang. Andererseits erhalten Sie wertvolle Anhaltspunkte für die technischen Grundsatzentscheidungen Ihrer digitalen Lösung.

Die Erarbeitung der Produktvision in 4 Schritten

Die inhaltliche Erarbeitung der Produktvision basiert auf den folgenden Grundlagen:

  • Analyse der vorhandenen Informationen zu den Zielgruppen sowie den Zielsetzungen.

  • Die Erarbeitung der verschiedenen Aspekte in gemeinsamen Workshops.

Diese pragmatische Vorgehensweise ermöglicht es Ihnen, die reichhaltigen Erfahrungen der Workshop-Mitwirkenden für eine wertvolle und breit abgestützte Produktvision zu nutzen.

1. Schritt: Zielgruppe definieren und beschreiben

Zuerst müssen Sie klären, an wen sich das Produkt richtet – oder sich in Zukunft richten soll. Wir definieren also zuerst die Zielgruppe. Folgende Fragen müssen wir beantworten: Ist die Zielgruppe bekannt? Müssen wir die Zielgruppe erst noch definieren? Kommen mit einem neuen Produkt neue Zielgruppen hinzu? Gibt es eine Unterteilung in interne und externe Zielgruppen?

2. Schritt: Workshop(s) für die Grundlagen der Produktvision

Für die konkrete Erarbeitung der Produktvision nutzt Roman Pichler das Tool «Product Vision Board». Damit werden vier relevante Themenfelder des Produktes definiert. Darauf basierend formulieren Sie dann die Vision. Aufgrund der bei uns häufigen Situation von digitalen Produkten für verschiedenen Anspruchsgruppen haben wir die Methode optimiert.

Das «Product Vision Board» ist in 4 Spalten unterteilt:

  • Zielgruppe: Beschreibung der Zielgruppe

  • Bedürfnisse: Welche Bedürfnisse soll das Produkt erfüllen? Welche Probleme soll das Produkt lösen?

  • Produkt: 3 bis 5 Features, die das Produkt besonders machen (Alleinstellungsmerkmale).

  • Geschäftsziele: Was sind die Unternehmensziele, die Sie mit diesem Produkt erreichen wollen?

Product Vision Board
Product Vision Board

Vorbereitung des Workshops:

  • Abstimmung zur Methode mit den Kontaktpersonen aufseiten der Auftraggebenden.

  • Mit dem Kunden die Teilnehmenden für den Workshop definieren. Achten Sie darauf, alle relevanten Stakeholder einzuladen.

  • Sie können die Beteiligten passend zur Zielgruppe in entsprechende Gruppen einteilen.

  • Termine für den Workshop festlegen. Der Zeitaufwand richtet sich nach der Anzahl Beteiligter sowie der Anzahl Zielgruppen und ob Sie parallel daran arbeiten können.

  • Boards vorbereiten: Für jede Zielgruppe wird ein Board angelegt. Als Format bieten sich im Vorfeld vorbereitete Poster mit dem Business Model Canvas inklusive Beschriftung an.

  • Post-its in verschiedenen Farben sowie Stifte – beziehungsweise ein Moderationskoffer.

Durchführung des Workshops:

  • Zuerst erläutern wir den Teilnehmenden die Methode und das Vorgehen. Diese erarbeiten anschließend die Inhalte der Boards – sie werden dabei moderiert: Inhaltliche Impulse durch die Moderation in Form von Fragen sowie die Klärung von Unklarheiten sind entscheidend.

  • Die Boards können Sie parallel oder nacheinander erarbeiten. Das richtet sich nach der Anzahl Beteiligter.

  • Spaltenweise bearbeiten wir das Board von links nach rechts. Wir betrachten die Zielgruppe und ergänzen gegebenenfalls weitere Informationen. Dann folgen die Bedürfnisse, die Produktfeatures und die Geschäftsziele. Die Bearbeitung eines Boards benötigt je nach Gruppe zwischen 30 und 60 Minuten. Die Teilnehmenden bekommen Post-its, bearbeiten diese und hängen sie in die jeweilige Spalte. Ist eine Spalte abgeschlossen, füllen wir gemeinsam die nächste Spalte.

  • Wichtig: Die Mitwirkenden (also die Stakeholder) müssen die Sicht ihrer Kunden beziehungsweise ihrer Zielgruppe einnehmen.

  • Ist ein Board fertig, erläutern alle Teilnehmende ihre Post-its. Oft entstehen hier schon sehr interessante Diskussionen. Alternativ können Sie auch nach jeder einzelnen Spalte diskutieren und erläutern.

  • Pro Board priorisieren Sie anschließend die Themen – damit können Sie auch ein Produkt-Backlog füllen.

3. Schritt: Ausarbeitung der Produktvision

Nach dem Workshop werten wir die erstellten Boards aus. Was gibt es an gemeinsamen Bedürfnissen? Welche Features sind besonders wichtig, und wie passen sie mit den Unternehmenszielen zusammen? Schritt für Schritt formulieren wir aus all den Informationen erste Varianten der Vision. Bis zur finalen Produktvision braucht es meist mehrere Feedbackrunden mit dem Kunden.

Wesentlich ist die Identifikation aller Stakeholder mit der Produktvision – somit übernimmt sie automatisch die Rolle des Leitsterns. Das heißt aber nicht, dass sie in der Schublade verschwindet. Im Gegenteil, die Produktvision ist ein lebendiges Konzept. Wichtig ist, in der Weiterentwicklung der digitalen Plattform regelmäßig einen Abgleich mit der Vision durchzuführen. Wir validieren sie kontinuierlich. Denn wenn sich Änderungen zum Beispiel in den Marktbedingungen oder den Kundenbedürfnissen ergeben, müssen wir die Vision gegebenenfalls angepassen.

4. Schritt: Kommunikation der Produktvision

Es ist wichtig, als Erstes die Produktvision zu kommunizieren: Stellen Sie die konkrete Vision vor. Bieten Sie zusätzlich einen Überblick über das Verfahren sowie einige tiefergehende Erläuterungen an, um die Verbindlichkeit und die Relevanz hervorzuheben. Am besten kommuniziert der Sponsor der digitalen Plattform die Produktvision. Die Empfänger:innen sind sowohl Projektmitarbeiter:innen als auch über diesen Kreis hinaus indirekt beteiligte Personen. Durch die Kommunikation ermöglichen Sie einen erfolgreichen Start des gesamten Vorhabens.

Geht das Ganze auch remote?

Ja, das geht! Wir haben in den letzten Monaten während der Corona-Pandemie verschiedene Streams mit unterschiedlich gelagerten Workshops durchgeführt. Und wir waren positiv überrascht, wie gut das funktioniert hat.

Verschiedene Aspekte beeinflussen dabei die Effizienz der Workshops und die Qualität der Ergebnisse. Wir empfehlen eine begrenzte Anzahl an Teilnehmenden. Anstelle eines einzelnen Workshops mit 20 Teilnehmenden können Sie das Ganze auf mehrere Workshops mit weniger Teilnehmenden verteilen – auch wenn dies entsprechende Abstimmungen und Konsolidierungen erforderlich macht.

Wir empfehlen zudem, eine Netiquette für die Remote-Workshops zu definieren und diese im Vorfeld den Teilnehmenden mitzuteilen. Beispiele einer Netiquette: alle haben das Video / die Webcam an, der Ton ist aus, außer bei der Person, die gerade spricht und so weiter. Auch das Tool, mit dem Sie den Workshop durchführen, muss vorher mit dem Kunden getestet werden.

Haben Sie eine Produktvision für Ihre digitalen Initiativen? Gerne spreche ich mit Ihnen über die Erarbeitung einer Produktvision für Ihre Vorhaben!

Fazit

Ich bin der Meinung, dass eine Produktvision vor dem eigentlichen Start eines Projektes unbedingt vorliegen muss. Die gemeinsame Erarbeitung einer Vision in den Workshops ist sehr wichtig. Nicht nur inhaltlich, sondern auch psychologisch. Alle Stakeholder fühlen sich abgeholt und haben ihren Beitrag geleistet.

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